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Okt
09

Es ist ein heißer Tag im Juli 2010. Von Meinefeld aus fahre ich mit dem Rad die Kreisstraße entlang bis zu einem kleinen Industriegrundstück am Feldrand, das jeder hier als „Trasta“ kennt. Die schmale asphaltierte Straße, die hinter den Gebäuden von der Hauptstraße abgeht, ist dicht von alten Bäumen umstanden. Einige Meter weiter führt der Schierbach, an dieser Stelle „Kalter Bach“ genannt, unter der Straße durch und bildet dort ein tiefes Becken. Als Kinder haben wir hier mit einer Drachenschnur und Regenwürmern „geangelt“ und dabei nicht ohne Erstaunen festgestellt, dass sich Forellen in diesem Bach befanden, der etwas weiter nur einen Fingerbreit tief ist.


Abfallprodukte des Kohlebergbaus, von Wind und Wetter geformt

Der kleine Wald zur einen und das Grundstück zur anderen Seite enden rasch; sie werden von Ackerland und einer Pferdeweide abgelöst. Gelbspötter quäken aus Weidengestrüpp und ein Neuntöter sitzt in den Weißdornbüschen am Straßenrand. Ein Rotmilan, der in dem Wäldchen brütet, segelt über das Feld. Nach der Pferdeweide kommt ein Weidendickicht und danach eine Wildwiese, die schwirrt vor Insekten (darunter auch Mücken und Bremsen, wie ich schnell feststelle). Ein Feldschwirl rattert dort irgendwo zwischen den Heuschrecken. In der Ferne Turteltaubengurren.


Rotmilanstudien

Am Ende der Straße liegt die Auffahrt zur Halde. Das kleine, verrostete Tor ist unauffällig und von Brombeerranken umwachsen, die wohl eher von Tieren als Menschen notdürftig kurzgehalten werden, sodass man sich gerade hindurchzwängen kann. Ein Hinweisschild untersagt das Befahren der Halde wegen Abrutschgefahr.


Schuttberge im Sonnenuntergang, dahinter eine Formation aus Steinkohleabfällen

Der erste Blick, nachdem man das kleine Tor durchschritten hat, fällt auf einen gestuften Hang voller Disteln, Karden und Wildblumen. Schmetterlinge und Mehlschwalben, die erstere zu fangen versuchen, fliegen darüber. Ein Hase flüchtet. Beim Blick nach rechts sieht man die charakteristischen Merkmale der Halde: Die schwarzen Wände, die durch Erosion lavaartige Formen angenommen haben und nur von Birkenwurzeln am völligen Abrutschen gehindert werden.


Reste einer Förderungsanlage zur Aufschichtung der Halde

Davor Hügel von Stoffen, die hier jemand abgeladen hat – eine Art Schiefer, Sand, Steine. Alte Container haben sich lebhaft bunt vom Rost verfärbt. Über allem thront ein alter Förderturm, der den letzten 60 Jahren getrotzt hat und noch immer begehbar ist.


Rost an einem alten Container auf dem Haldengelände

Der Weg nach ganz oben ist mühsam, wenn man nicht die Piste nimmt, sondern den steilen Hang heraufsteigt. Oben auf dem Plateau duftet es nach Kamille; Goldammern und Feldlerchen fliegen auf. Im Sonnenuntergang bietet sich ein wunderschöner Ausblick in Richtung Minden mit dem Kohlekraftwerk in Lahde – vor vielen Jahren noch betrieben mit genau der Kohle, auf deren Nebenprodukten man in diesem Moment steht. Beim Abstieg sind nur noch die Grillen zu hören und hin und wieder ein leises „hu“ der Uhus, die in den nahen Ruinen brüten. Schnell fahre ich mit dem Fahrrad zurück nach Meinefeld, bevor mich die Mücken völlig zerstochen haben.


Sommerabend über Schaumburg

Im nächsten Beitrag schreibe ich darüber, wie die Halde sich in den letzten 8 Jahren verändert hat.

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